Naturwissenschaften für Menschen mit Sehschädigung – Herausforderung für Studierende wie für Forschung
Die ICCHP Summer University on Maths, Science and Statistics for Blind and Partially Sighted Students (ICCHP-SU) wurde in diesem Jahr vom Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) organisiert und fand vom 01.-06. September 2013 in Bad Herrenalb statt. Schwerpunkt war der Zugang zu Mathematik und Naturwissenschaften für sehgeschädigte Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie Lehrkräfte und Forschende aus aller Welt.
Sowohl Lehrer, als auch sehgeschädigte Studierende und Schüler bilden sich in den Workshops der Summer University fort.
Wie kann man als Studierender mit Blindheit oder hochgradiger Sehbehinderung wissenschaftliche Texte lesen, mathematische Formeln erkennen oder Grafiken auswerten? Alles Fragen, die nicht nur für betroffene Studierende äußerst wichtig sind. Auch die internationale Forschung beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung von assistiven Systemen und Lösungsansätzen für diese Probleme. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Studienzentrums für Sehgeschädigte (SZS) ist die Vermittlung dieses Wissens alltägliche Aufgabe. Als Veranstalter der diesjährigen ICCHP Summer University gaben sie zusammen mit einem internationalen Expertenteam dieses Wissen an Studierende, Lehrende sowie Vertreter anderer Universitäten aus aller Welt weiter. In den verschiedenen Workshops wurden diverse Methoden und Geräte vorgestellt, die das wissenschaftliche Arbeiten im Studienalltag ermöglichen. So zum Beispiel der Umgang mit Mathematik oder die Bedienung von Messgeräten mit Sprachausgabe für die Durchführung von Experimenten.
Wer ein naturwissenschaftliches Fach studiert, der benötigt dafür in der Regel Mathematik. Hier kommt man als Studierender nicht ohne Formeln, Grafiken oder Statistiken aus. Mathematische Formeln sind mit den entsprechenden Hilfsmitteln auch für blinde Menschen zugänglich, was in verschiedenen Workshops vermittelt wurde. Weiterhin können Grafiken in taktiler Form durch spezielle Drucker lesbar gemacht werden. In den Workshops konnten zum einen Lehrende lernen wie solche taktile Grafiken hergestellt werden können. Zum anderen lernten die Studierenden diese Grafiken zu lesen und auszuwerten.
Um das Thema, wie digitale Daten klanglich repräsentiert werden können, drehte sich der Gastvortrag von Professor David Worrall vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Erlangen mit dem Titel: „Sonifying our worlds“.
Insgesamt 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 13 verschiedenen Ländern kamen nach Bad Herrenalb, um an der Summer University teilzunehmen und sich wichtige Erkenntnisse für den Alltag als Studierender oder als Lehrkraft zu erarbeiten. Gesponsert wurde die Veranstaltung vom Lions Club Karlsruhe. So konnte nicht nur die Veranstaltungsorganisation finanziert, sondern auch Stipendien für Teilnehmende vergeben werden, deren Teilnahme mit einer weiten und kostenintensiven Anreise verbunden war. Damit möglichst viele Menschen auf die Ergebnisse zugreifen und so von dieser Veranstaltung profitieren können, werden die Materialien der Summer University nach der Veranstaltung unter folgender Adresse kostenfrei zur Verfügung gestellt:
http://www.icchp-su.net/
Taktile Grafik einer Landkarte Nordamerikas
Das SZS ist eine Einrichtung des KIT und kümmert sich tagtäglich um die Belange Studierender mit Blindheit oder Sehbehinderung. So werden ihnen dort alle Vorlesungsmaterialen und Klausuren zugänglich gemacht. Für die Erstellung taktiler Grafiken steht dem SZS eine deutschlandweit einzigartige Druckstation zur Verfügung, die taktile Grafiken in Farbe, doppelseitig und in Din A3 erstellen kann. Es steht den Studierenden zudem eine technische Infrastruktur, wie Computer mit Vergrößerungs- oder Vorlesesoftware und Braillezeilen zur Verfügung. Darüber hinaus befasst sich das SZS mit der Forschung an neuen Möglichkeiten zur Unterstützung sehgeschädigter Menschen. Hierfür wurde der Leiter des SZS, Professor Rainer Stiefelhagen, erst kürzlich mit dem „Google Faculty Research Award“ in Höhe von 83.000 US-Dollar ausgezeichnet.