Deutsche Sprache, schwere Sprache
Der automatische Vorlesungsübersetzer soll ausländischen Studierenden helfen, ihr Studium zu absolvieren.
Sprachbarrieren abbauen und so mehr ausländischen Studierenden die Möglichkeit in Deutschland zu studieren, diese Ziel verfolgt Prof. Alex Waibel vom Institut für Anthropomatik mit der Entwicklung des Vorlesungsübersetzers. Nach über 20 Jahren Forschungsarbeit wurde der Lecture Translator am 11. Juni 2012 der Öffentlichkeit präsentiert.
Hindernisse auf dem Weg ans KIT
Trotz hohem internationalen Renommee ist das KIT für ausländische Studieninteressierte nicht die erste Wahl. Die Quote der ausländischen Studierenden am KIT ist im internationalen Vergleich sehr niedrig. Nur 15% aller Studierenden kommen aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland, an der Partnerhochschule der Fakultät für Informatik, der Carnegie Mellon University, sind beispielsweise ganze 49% ausländische Studierende. Einer der wichtigsten Hinderungsgründe ist die deutsche Sprache. Fast alle Vorlesungen am KIT werden auf Deutsch gehalten und macht es so ausländischen Studierenden in den ersten Semestern nahezu unmöglich, sich auf das Fachstudium zu konzentrieren, so KIT-Präsident Horst Hippler. Bisherige Strategien wie verpflichtende Sprachkurse machen durchaus Sinn, sind aber zeitintensiv und zeigen oft erst nach einigen Semestern Wirkung. Dann ist es aber oft für die erfolgreiche Fortführung des Studiums bereits zu spät. Simultane Übersetzungen als Dienstleistung von Menschen sind für Universitäten und öffentliche Einrichtungen mit zu hohen Kosten verbunden.
Lösung aus der Rechnerbox
In mehr als zwei Jahrzehnten haben das International Center for Advanced Communication Technologies (interACT) am KIT sowie wissenschaftliche und kommerzielle Partnern an der Entwicklung eines technischen Systems gearbeitet, das die Vorlesung eines Vortragenden automatisch aufzeichnet, transkribiert und diese in Echtzeit übersetzt. Die Studierenden folgen der Vorlesung in ihrer Sprache direkt auf ihrem eigenen PC oder Mobiltelefon. Langfristige Sprachtrainings bleiben auch in Zukunft ein wichtiger Part bei der Integration ausländischer Studierender in die studentische Gemeinschaft, sind aber für ein erfolgreiches Studium nicht mehr zwingend nötig.
In diesem Semester wird der Übersetzer in vier Informatik bzw. Maschinenbauvorlesungen probeweise eingesetzt und übersetzt dort für ausländische Studierende den deutschen Unterricht ins Englische. In der Zukunft sollen aber auch Übersetzungen ins Englische und aus anderen Sprachen wie Spanisch, Russisch oder Chinesisch möglich sein.
F(x) und die „Awful German Language“ (Mark Twain)
Im Moment ist der Lecture Translator noch weit davon entfernt einwandfrei zu funktionieren, das hat auch die Live-Demonstration und der erste praktische Einsatz in einer Testvorlesung von Prof. Dillmann bei der Vorstellung des neuen Simultanübersetzers gezeigt. Das liegt nicht nur an der Komplexität der deutschen Sprache, erklärt Prof. Alex Waibel, sondern auch an Eigenarten eines Vortragenden wie undeutliche, schnelle oder fragmentarische Sprechweise, Nebengeräusche. Hinzu kommt, dass Vorlesungen zumeist sehr viel fachspezifisches Vokabular aufweisen oder gar Formeln enthalten, die der Übersetzer korrekt identifizieren, transkribieren und übersetzen muss.
Zur Unterstützung der Studierenden hat das Team um Prof. Waibel einen Folienübersetzer entwickelt, der ebenfalls in Echtzeit die aufgelegten Powerpoint-Folien in die Zielsprache überträgt. Außerdem werden alle Skripte gespeichert und können auch zu einem späteren Zeitpunkt eingesehen werden.
Als Fazit bleibt: ein erster großer Schritt in Richtung automatischer Simultanübersetzung ist gemacht und wenn auch noch nicht perfekt, kann das System bereits jetzt ausländischen Studierenden ein erfolgreiches Studium am KIT ermöglichen.
Noch nicht perfekt aber lesbar: die Übersetzung des Lecture Translators (Bild: KIT)