»Sie haben Post!«
Wie mit dem Empfang der ersten E-Mail in Deutschland an der Universität Karlsruhe (TH) vor 25 Jahren ein neues Zeitalter der Kommunikation anbricht.
Am 3. August 1984 um 10:14 Uhr mitteleuropäischer Zeit landet die erste E-Mail Deutschlands in den Postfächern von Professor Werner Zorn, Leiter der Informatik-Rechnerabteilung (IRA), und seinem Mitarbeiter Michael Rotert. Mit den Worten “This is your official welcome to CSNET. We are glad to have you aboard“, begrüßt die US-Amerikanerin Laura Breeden, Mitarbeiterin des CSNET Koordinations- und Informationszentrums am MIT in Boston die neuen deutschen Mitglieder des Netzwerks. Ein weiterer wichtiger Schritt der E-Mail auf ihrem weltweiten Siegeszug ist getan.
Professor Rotert übergab am 3. August 2009 den Originalausdruck der ersten E-Mail im Rahmen eines Pressetermins vor den Karlsruher XXL-Stadtschildern an das Stadtarchiv.
Zwar wurden in Deutschland bereits vor dem August 1984 E-Mails versendet und empfangen, bei besagter Nachricht handelt es sich jedoch um die erste, die an einen eigenständigen deutschlandweit verfügbaren E-Mailserver ging. Zuvor mussten sich die Nutzer telefonisch in amerikanische Computer einwählen. CSNET war ein in den frühen 1980er-Jahren in den USA entwickeltes Computer-Netzwerk, in dem sich verschiedene US-Hochschulen zusammengeschlossen hatten, um die Kommunikation zwischen den Wissenschaftlern zu erleichtern. Deutschland und Israel waren die ersten Nationen, die bereits 1984 an das CSNET angeschlossen waren.
Professor Zorn als Gesamtverantwortlicher des CSNET-Dienstes für die Domäne „germany“ („administrative liaison“, heute „admin-c“) und Michael Rotert als Betreuer des CSNET-Mailservers („technical liaison“, heute „tech-c“) waren somit ab dem 3. August 1984 weltweit unter den Mailadressen „zorn“ und „rotert@germany.csnet“ erreichbar. Mit dieser ersten E-Mail fiel in Karlsruhe der Startschuss für die heute so selbstverständlich und flächendeckend genutzte „Elektronische Post“. Der Grundstein dazu wurde bereits Ende 1982 mit dem Projektantrag „Interkonnektion von Netzen“ gelegt, in welchem Prof. Zorn dem Bundesforschungsministerium (BMFT) vorschlug, das geplante Deutsche Forschungsnetz (DFN) frühzeitig an das US- amerikanische Computer Science Net (CSNET) anzubinden. Dass hierauf 1987 die 1. Anbindung Chinas an die internationalen Email-Netze und 1989 mit XLINK die erste deutsche Internet-Direktanbindung folgen würde, konnte am 03.08.1984 noch niemand ahnen ebensowenig, dass Karlsruhe im Jahr 2003 zur deutschen Internet-Hauptstadt gewählt werden würde und heute auch wirtschaftlich eine der deutschen IT- Hochburgen ist. ∂ germany csnet
Zu diesem Zeitpunkt war die ökonomische Bedeutung kaum einzuschätzen, nahezu unvorstellbar der Erfolg, mit dem sich die E-Mail inzwischen zu einem der wichtigsten Kommunikationsmedien entwickelt hat. „Das CSNET sollte in erster Linie die Wissenschaftskommunikation erleichtern. Natürlich sahen wir in der Anbindung an ein internationales Netz ein enormes Potenzial. Mit so einer durch-schlagenden Wirkung konnten wir damals aber nicht rechnen“, erinnert sich Rotert.
Das wichtigste Netz war in den frühen 1980er Jahren jedoch nicht das CSNET, sondern das US-amerikanische Arpanet (Advanced Research Projects Agency Network), das als Vorläufer des heutigen Internets gilt. Dieses wurde zunächst ausschließlich zu Militärzwecken gebraucht. „Damit war das Arpanet für uns 1984 nicht zugänglich. Das CSNET dagegen war die preiswerte Variante fürs gemeine Volk. Deshalb haben wir einen Vertrag mit CSNET CIC geschlossen, die uns die Anbindung ans Netz ermöglichten“, erzählt Professor Rotert, der heute unter anderem als Vorstandvorsitzender des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft tätig ist.
Zum genauen Zeitpunkt der Übermittlung gab es in der Vergangenheit Missverständnisse. Michael Rotert klärt auf: „Laura Breeden versendete die E-Mail am 2. August um 12:35 Uhr US-amerikanischer Zeit. Sie wurde an den Server CSNET-SH weitergeleitet und landete schließlich im so genannten CSNET-Relay, in dem die Mails zunächst gesammelt und später manuell abgeholt werden mussten. Deshalb haben wir die E-Mail in Karlsruhe erst am Folgetag um 10:14 Uhr erhalten.“