v.l.n.r.: Dr. Harald Sack, Dr. Roland Bless, Matteo Lanati, Prof. Dr. Christoph Meinel, Mark Palkow,
Dr. Lothar Mackert, Gilles Haiat, Maximilian Weigmann, Tobias Neumann, Prof. Michael Rotert
(Foto: HPI / Kay Herschelmann)
Internet der nächsten Generation
Karlsruher Informatiker gewinnen mit innovativer Anwendung für zukünftiges Internetprotokoll IPv6 internationalen Ideenwettbewerb
Mitarbeiter der Forschungsgruppe von Professorin Martina Zitterbart am Institut für Telematik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben beim "International IPv6 Application Contest 2009" einen Preis gewonnen. Die Wissenschaftler unter der Leitung von Dr. Roland Bless und Dr. Oliver Waldhorst erhielten die Auszeichnung für eine Ideenskizze, die Möglichkeiten der Verwendung eines neuen Internetstandards in Netzen mit gleichberechtigten Rechnern aufzeigt.
Der vom Deutschen IPv6-Rat ins Leben gerufene Wettbewerb soll frische Ideen hervorbringen, wie das Internetprotokoll der nächsten Generation des Standards IPv6 am besten großflächig eingeführt und angewandt werden kann. Der momentan führende Standard IPv4, so erklärt Roland Bless, kranke insbesondere am Mangel an neuen Internetadressen.
Netze und Anwendungen mit gleichberechtigten Rechnern, auch Peer-to-Peer-Netze und -Anwendungen genannt, zum Beispiel Bittorrent (Dateientausch) oder Skype (Telefonie) sind in den vergangenen Jahren so populär geworden, dass sie einen Großteil des Datenverkehrs im Internet verursachen. Die Teilnehmer ("Peers") solcher Netze versuchen, weitgehend ohne feste Infrastrukturelemente, wie etwa Server, auszukommen. Problematisch bleibt jedoch der Einstieg in ein solches Netz ohne Hilfe eines Servers. Ein Teilnehmer muss dazu zunächst andere Teilnehmer finden, die im entsprechenden Peer-to-Peer-Netz bereits aktiv eingegliedert sind. Dieser Vorgang wird als "Bootstrapping" ("Bootstrap", englisch für initialen Ladevorgang) bezeichnet.
Die Ideenskizze beschreibt ein Verfahren, wie andere Teilnehmer gefunden werden können, ohne auf die Hilfe eines Servers angewiesen zu sein. Dazu registrieren sich Nutzer, die bereits aktiv an einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung teilnehmen, unter einer speziellen IPv6-Adresse, mit deren Hilfe Interessierte sie aufspüren können.
Das Verfahren sieht vor, dass sich pro Netz entweder ein Teilnehmer oder eine ganze Gruppe von Teilnehmern registrieren. Ein noch nicht aktiver Teilnehmer kann aktive Peers innerhalb eines zufällig gewählten IPv6-Netzes mit Hilfe eines Anfragepakets finden. Ist in dem gewählten Netz kein Peer aktiv, müssen bis zum Erfolg weitere IPv6-Netze nach dem Zufälligkeitsprinzip überprüft werden.
Durch die hohe Verbreitung von Peer-to-Peer-Anwendungen sind in der Regel nur wenige Überprüfungen notwendig. Der Lösungsansatz der Karlsruher Wissenschaftler ermöglicht ein dezentrales und autonomes Bootstrapping, da keine Server mehr für einen Einstieg in existierende Peer-to-Peer-Netze erforderlich sind. Deren Robustheit wird dadurch erhöht, dass jeder Teilnehmer beim Bootstrapping-Vorgang helfen kann, der ansonsten bei einem Serverausfall fehlschlagen würde.
Der Preis wurde am 14. Mai im Museum für Kommunikation in Berlin verliehen. Anwesend waren u.a. der Internetpionier Dr. Robert E. Kahn, sowie Prof. Hasso Plattner, Mitbegründer der SAP AG und Stifter des Hasso-Plattner-Instituts. Die Idee konnte sich bei der 18-köpfigen Jury unter 28 internationalen Einreichungen erfolgreich durchsetzen.