Von E, Tee und Scheren
Bei der Kinder-Uni zeigen Mitarbeiter des IKS, wie ein Geheimnis geheim bleibt oder auch nicht.
Fast 500 Kinderhände schnellen in die Höhe als Daniel Kraschewski und Christian Henrich nach freiwilligen Helfern suchen, die ihnen bei einer Demonstration zur sicheren Übermittlung von Nachrichten zur Seite stehen. Die beiden Mitarbeiter des Instituts für Kryptographie und Sicherheit sind angetreten, um fast 500 wissbegierigen Kindern bei der KIT-Kinder-Uni zu zeigen, wie moderne Verschlüsselung funktioniert, wie man viele Geheimschriften knacken kann und wie man mit Kryptographie noch andere erstaunliche Dinge tun kann, die auf den ersten Blick unmöglich scheinen.
Die Verschlüsselung von Botschaften durch Geheimschriften und -sprachen fasziniert fast jeden. Bei einfachen Geheimschriften wie dem Freimaurer-Alphabet, Atbash oder der Cäsar-Chiffre werden Buchstaben nach einem bestimmten Schema vertauscht, verschoben oder durch andere Symbole ersetzt. Aber kann das dann wirklich keiner mehr lesen?
Schlaue Köpfe können einfache Geheimschriften knacken, indem sie allgemein bekannte Buchstabenhäufgkeiten zu Hilfe nehmen. In der deutschen Sprache ist das E der häufigste Buchstabe. Sucht man sich also den Buchstaben im verschlüsselten Text, der am häufigsten vorkommt, so hat man das E gefunden. Die übrigen Buchstaben findet man durch einfaches Abzählen oder weitere bekannte Buchstabenhäufigkeiten heraus. In zwei praktischen Übungen durften die kleinen Studierenden der Kinder-Uni ihre Codeknacker-Kenntnisse direkt unter Beweis stellen.
Die versteckte Nachricht bleibt also nur solange geheim, wie der Code niemand anderem als dem Absender und dem Empfänger bekannt ist. Wie aber gelangt der Schlüssel nun sicher zum Empfänger? Das Beste wäre, einen vertrauenswürdigen Boten zu haben, der den Code übermittelt. Was aber tun, wenn der Bote seeeehr neugierig ist? Um dies zu demonstrieren, holen sich die Dozenten Elias und Felix nach vorne, die jeder ein Schloss und den dazu passenden Schlüssel erhalten. Die Nachricht wird in eine Kiste gepackt und mit Elias’ Schloss sicher verschlossen. Neugierde hin oder her, in diese Box kann Bote Christian nicht schauen. Er bringt sie zum Empfänger Felix. Dieser wiederum hängt ebenfalls sein Schloss dran. Der Inhalt ist nun noch besser vor ungewollten Lesern geschützt. Wieder bei Elias angekommen, entfernt dieser mit seinem Schlüssel das Schloss. Zwar ein Schloss weniger, aber Christian kann immer noch nicht in die Kiste hineinschauen und die Nachricht lesen. Erneut macht er sich auf zu Felix, der mit seinem Schlüssel das zweite Schloss entfernen kann und nun die Einladung zum Tee aus der Kiste holt.
Volles Haus bei der Kinder-Uni Wie funktioniert sichere Verschlüsselung? (Bild: KIT)
Die Kinder lernen aber auch, dass Kryptographie noch viel mehr kann. Mit Hilfe eines komplexeren Verfahrens lassen sich auch ganze Bilder verschlüsseln. Diese sehen nach der Verschlüsselung nicht mehr aus wie Bilder mit einem klar erkennbaren Motiv, sondern eher wie das Testbild auf einem Fernseher, lassen sich aber mit dem passenden Schlüssel genauso wieder entschlüsseln wie jeder Text.
Zum Schluss zeigen Christian und Daniel den Kindern noch wie man Schere-Stein-Papier am Telefon spielen kann, ohne dass einer schummeln kann: Die Seitenzahlen eines Telefonbuchs werden je nach Endung eingeteilt in Schere (Seiten, die auf 1, 2 oder 3 enden), Stein (alle Seiten auf 4,5,6) und Papier (Seiten mit der Endung 7,8,9). Ein Beispiel: Daniel ist als Erster an der Reihe, überlegt sich ein Symbol und sucht sich eine Seite mit der entsprechenden Endung aus. Z.B. Papier und Seite 368. Dann wählt er eine beliebige Telefonnummer auf dieser Seite aus und teilt diese Christian am anderen Ende der Leitung mit. Auf welcher Seite die Telefonnummer steht, bleibt dabei erstmal geheim. Christian wählt nun seinerseits ein Symbol und benennt dieses, beispielsweise Stein. Damit hat Daniel gewonnen und kann das auch beweisen, indem er Christian die gewählte Seite mitteilt. Christian überprüft schließlich, dass Daniel ehrlich gespielt hat: Er schlägt Seite 368 auf und liest die Telefonnummer nach.
Die KIT-Kinder-Uni findet in diesem Jahr bereits zum 10. Mal statt. Immer in den Sommerferien bereiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT ihre Forschungsgebiete kindgerecht auf. Drei Wochen lang können wissbegierige Schüler zwischen acht und zwölf Jahren spannende und lehrreiche Einblicke in die Forschung erleben.
Die Kinder-Uni-Studierenden gehen mit den Forscherinnen und Forschern des KIT auf eine Entdeckungsreise durch Naturwissenschaft und Technik. Das abwechslungsreiche Programm bietet anschauliche Vorträge, spannende Workshops und Mitmachaktionen an. Zum feierlichen Abschluss der KIT-Kinder-Uni erhalten die Kinder in einer Diplomfeier ihr Kinder-Uni-Diplom und einen eigenen Doktorhut.