Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...und manchmal auch dem Ende
Der Gerhard-Goos-Hörsaal im Informatik-Gebäude war gerade passend für die fast 120 Besucherinnen und Besucher, die sich am 20.04.2023 um 16:30 Uhr für die Antritts- und Abschiedsvorlesungen von Ina Schaefer bzw. Walter Tichy eingefunden hatten. Passend war der Gerhard-Goos-Hörsaal auch, weil es eben jener Informatik-Pionier war, dem Walter Tichy 1986 an die Universität Karlsruhe, dem heutigen KIT, nachgefolgt war. Nicht ganz ohne Ehrfurcht und Respekt vor der Größe der Fußstapfen wie er selbst berichtet. Dass er diese aber im Verlauf der Jahre problemlos ausfüllen konnte, zeigten an diesem Abend die Lobreden zweier Kollegen auf den Software-Techniker, die Tichy auch als Doktorvater bzw. Dozenten erlebt hatten: Prof. Lutz Prechelt (FU Berlin) und Prof. Ralf Reussner (KIT). Alleine die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: mehr als 200 peer-reviewed papers, 16 Fachartikel, die mehr als 100 mal referenziert wurden (der meistzitierte unglaubliche 1494 mal), Doktorvater für 35 Promovendinnen und Promovenden, von denen mehr als 1/3 wiederum eine Professur-Laufbahn eingeschlagen hat oder die Gründung oder Gründungsunterstützung von 6 erfolgreichen Unternehmen.
Auch während der 36 Jahre an der Universität Karlsruhe, dem späteren KIT, und dem FZI Forschungszentrum Informatik ruhte sich Walter Tichy nie aus. Forschungsaufenthalte führten ihn regelmäßig zu namhaften Hochschulen und Unternehmen um die ganze Welt. Ob als (Pro-) Dekan, als engagierter Hochschullehrer oder gründlicher Forscher, ihm war es wichtig in jedem Bereich, in dem er sich betätigte, das Beste zu geben und Qualität zu liefern. Lehrpreise der Fakultät, der Titel „Distinguished Scientist“ der weltweit größten Informatikgesellschaft ACM, ein ACM-Fellowship als erster Karlsruher Wissenschaftler oder ein IEEE MIP-Award (Most Influential Paper Award) der International Conference on Software Engineering zeugen von diesen Bestrebungen.
Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass er auch seinen Ruhestand nicht zu Hause auf der Terrasse sitzend, sondern eher „unruhig“ verbringt: In Kutaisi, Georgien hilft Tichy als Full-Professor, eine neue Universität aufzubauen und genießt die neue Aufgabe. Immer an seiner Seite, seine Ehefrau Ingrid, ohne die, wie er selbst sagt, nichts von alledem möglich gewesen wäre.
So wirken auch seine Fußstapfen auf den ersten Blick groß und schwierig zu füllen. In ihrer Antrittsvorlesung zeigt Professorin Ina Schaefer aber, dass sie und ihr Team bereit sind, diese Nachfolge anzutreten und Forschung auf höchstem Niveau zu betreiben. In ihrer Arbeit beschäftigt sich die Wissenschaftlerin, die zuvor an der TU Braunschweig wirkte, mit Konzepten, Methoden und Werkzeugen für die ganzheitliche Entwicklung von vertrauenswürdigen und sicheren software-intensiven Systemen. Dabei verfolgt man einen ingenieursmäßigen Ansatz, der essentielle Systemeigenschaften bereits im Entwicklungsprozess spezifiziert, um sie per Konstruktion im Betrieb erfüllen zu können. Gleichzeitig müssen hochkomplexe moderne Softwaresysteme stetig konfigurierbar und anpassungsfähig sein und darüber hinaus verlässlich und sicher funktionieren. Sicherheit und Verlässlichkeit sind in besonderem Maß wichtig, da sich die Forschung von Ina Schaefer auf die Anwendungsbereiche Automotive und Automatisierungstechnik konzentriert, in denen kleineste Fehler gravierende Folgen haben können. 2022 wird Schaefer zur Co-Vorsitzenden des Expertenkreises Transformation der Automobilwirtschaft unter Federführung des Bundministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gewählt. Vor wenigen Monaten hat sie außerdem, nach nur einem Jahr Fakultätszugehörigkeit, das Amt der Prodekanin für wissenschaftlichen Nachwuchs übernommen und gestaltet so das Fortkommen der Karlsruher Informatik ebenso aktiv mit wie einst ihr Vorgänger Walter Tichy.
Und wie war das jetzt mit dem Zauber vom Anfang und vielleicht auch vom Ende? Nach der feierlichen Verabschiedung von Professor Tichy und der Vorstellung von Ina Schaefer erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauer noch einen Auftritt der besonderen Art. Zauberer Serapion (alias Prof. Bernd Brügge, Prof. i.R. für Angewandte Softwaretechnik an der TUM) ließ Knoten platzen und Karten erscheinen, bescherte Walter Tichy eine Tafel Schokolade und Ina Schaefer ein Springseil und sorgte so für einen magischen Abschluss der Veranstaltung. Den Abend ausklingen ließen die Gäste bei Häppchen, Getränken und angeregten Gesprächen in der Informatik-Bibliothek.
Auch die KIT-Fakultät für Informatik bedankt sich bei Walter Tichy für sein jahrelanges Wirken und Engagement für die Belange des Fachs, der Studierenden und der Universität und heißt Ina Schaefer auf das allerherzlichste Willkommen.